27. Januar 2016

51. Þorrablót Wochenende

Nach dem Altisländischen Kalender wird im letzten Monat namens Þorri ein Fest namens Þorrablót gefeiert, man kommt aus der ganzen Umgebung zusammen, feiert, isst, tanzt, singt und reflektiert das vergangene Jahr.
In Sketchen wird sich über Dorfgeschehen und Landespolitik lustig gemacht (Wer könnte bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl denn von hier antreten?). Der Mittelpunkt des ganzen Abends liegt aber eigentlich beim Þorramatur, dem Essen. Sehr traditionell, sehr sauer und sehr fermentiert. Ich habe nach meinem Versprechen, das ich noch in Deutschland gemacht habe, alles probiert, und hey. Ich lebe noch!
Da das ganze eher eine ländliche Tradition ist hatte ich übers Wochenende Besuch von zwei anderen Austauschschülern. Wir 4 Austauschschüler waren im Vorfeld aber ordentlich gestresst, ich meine, halbe Schafsköpfe, saure Schafshoden, saurer Walspeck und der berühmt berüchtigte fermentierte Hai, genannt Hákarl sind in unseren Heimatländern nicht grade alltägliche Speisen.
Der Hai hat nicht wirklich strenger geschmeckt, als der Rochen vom 23. Dezember, somit stemple ich hiermit die ganzen Internet-Berichte als überzogen ab. Schafshoden und Walspeck sauer und die Konsistenz war eher komisch. Aber der Schafskopf war sogar sehr gut, sehr zartes Fleisch, aber kalt und das war auch der einzige Minuspunkt.
Nach dem Essen ging dann der Ball los, viele waren zu dem Zeitpunkt schon ordentlich betrunken aber bei Isländern ist das wirklich lustig. Dementsprechend ausgelassen und wild Kreise hüpfend wurde dann auch noch getanzt, zu isländischen Country-Rock (Amma:"Dieselben Lieder wurden gespielt, als ich noch 16 war!" ) und selbst ohne Alkohol wurde man von allen um einen herum mitgerissen.

Das gesamte Wochenende war insgesamt sehr schön, am Freitag hatte ich nach ner ziemlich anstrengenden Woche (Deutschlandpräsentation, Essay auf Englisch, Essay auf isländisch. 5 Monate keine Hausaufgaben und dann gleich alles auf einmal, juhu!) endlich frei.
Wir haben Leno, die andere deutsche Skiptinema vom Bus abgeholt und haben einen gemütlichen Abend gehabt. Am nächsten Morgen dann sie mit Decke um den Schultern, am Fenster stehend "Du wohnst wirklich am schönsten Ort der Welt."
Dann kamen Kristen aus den USA und ihre Gastmutter, die sehr gut mit meiner eigenen befreundet ist und wir haben zu dritt einen Strandspaziergang gemacht. Ich nutze das viel zu wenig aus, aber alleine ist aufraffen echt schwerer. Es war sehr isländisches Wetter, sehr windig. Und doch so wunderschön wild, ein wenig Dunst hing in der Luft, Eisbrocken lagen auf dem Schwarzen Strand.

Dann sind wir zum Þorrablót, am Tisch saß ich dann mit Austauschschülern, Gastmüttern und meiner Klassenlehrerin. In Deutschland wäre das schon sehr komisch, hier ist es ganz normal. Es hat wirklich Spaß gemacht, vor allem, weil ich ein paar der Dorf Insiderwitze verstanden habe, mal abgesehen von der Sprache halt auch den Hintergrund. Könnte mir echt vorstellen für Þorrablót mal wiederzukommen, es ist ein tolles Gemeinschaftsgefühl.

Am nächsten Morgen ist Kristen schon gefahren.
Da meine Gastmamma in der Nähe noch etwas zu tun hatte, sind ich und Leno mit ihr mitgekommen und wurden am Beginn der Westfjorde abgesetzt und haben einen langen Spaziergang gemacht.
Wir sind den Damm langgelaufen, der die beiden Bezirke verbindet, die Region wird auch Tor zu den Westfjorden genannt.
Die hohen Berge, halb vom Schnee bedeckt, dann auf der einen Seite spiegelglatte Eisfläche, in der sich der Himmel spiegelt. Dahinter ragen hoch Berge auf. Aus der anderen Seite dann offener Fjord, der Himmel wird immer farbenvoller. Voraus türmen sich die ersten Berge der Westfjorde auf.

Ein wundervoller, stiller Ort. Kann ich hier ein Haus bauen?

Island schafft es immer wieder mich zu verzaubern.


























Lily

24. Januar 2016

50. Gedanken zu 5 Monaten

Und die Hälfte ist rum, so viele Tage vor mir, wie Tage hinter mir.
Ich kann nicht begreifen, wie viel ich erlebt habe, wie viel ich erleben durfte.
So viel Neues, schönes, manchmal schwieriges.
Und dann liegt die gleiche Zeitspanne noch vor mir, ungewiss.
Ich kann alles aus ihr machen, diesen 5 Monaten, die einerseits so lang erscheinen und doch schon einmal so lang erschienen.
Die dann doch so schnell vergingen.
Die nächsten Monate werden spannend, ich werde mehr von meiner Insel sehen,
versuchen mehr aus meinem kleinen Ort zu machen.
Die Sachen genießen, die ich habe, auch wenn es nicht Sachen sind, von denen ich erwartet hätte dass ich sie mal haben werde.
In fünf Monaten ist aus Träumerei Realität geworden,
einiges ist tatsächlich  passiert, das Meiste ist anders, als ich es erwartet hätte.
Ja diese Erwartungen, dass man einfach einheimische Freunde fürs Leben findet, einfach mal so reinrutscht. Es passt  halt nicht immer so gut, jedenfalls kann ich das nicht sagen heute an dem Punkt wo ich stehe.
Es ist nicht immer ganz so einfach, aber selbst so, geht es mir wunderbar.

In fünf Monaten habe ich viel gelernt,
Isländisch, so gut, dass ich nicht mehr auf Englisch ausweiche.
Was ich will, was mir wichtig ist und wer mir wichtig ist.

Ich habe so viel Neues probiert,
bin über so viele mentale Klippen gesprungen, dass ich mich oft Schwerelos gefühlt habe.
Probieren, anfassen und mit anpacken.

Ich habe gelernt Scheiß drauf zu denken, und es zu meinen.
Wenn einem etwas peinlich ist behindert es nur,
sich zieren sowieso.

Man kann sich an vielen Orten zuhause fühlen,
ich kann es mir schnell gemütlich machen,
gut das war schon vor Island so,
aber mann, ist das nützlich.

Wetter und Winter in Island kann man überleben,
vergesst die dicken Jacken,
positive Einstellung ist alles.
Was 2 Grad? Kein Wind?
Was ein schöner Tag!
Was? Wind mit Eisregen?
Muss man auch mal erlebt haben, also Musik aufdrehen und es genießen.
Man kann sich vieles schön reden, wenn man nicht nur das große Ganze betrachtet,
nicht nur schwarz und weiß,
hell oder dunkel denkt.
Die Einzigartigkeit und Schönheit der kleinen Dinge.

Ich denke schon manchmal an Sachen, die ich vermisse,
Sachen, von denen mir noch nicht klar war, dass ich sie vermissen könnte. Komme mit dem von Zuhause weg sein aber auch besser klar, als ich es gedacht hätte.


Island hat mir in diesen 5 Monaten so viel gegeben,
Ich habe so vieles für mich entdeckt,
so viele Sachen, dass es einfach ist zu vergessen.
Ich will mir in den nächsten Monaten die Begeisterung für alles um mich behalten, will nicht Schönheit als alltäglich abstempeln und Gesten als selbstverständlich, wenn hinter ihnen doch eine menge Liebe und Aufopferung stecken.

Island ist das alles wert.






Ein paar Erinnerungen in Bildern.

Lily